LED-Forschung ist schon seit 1995 ein wichtiges Thema des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF. Forscher des IAF haben die weiße Lumineszenkonversions-LED entwickelt, die Grundlage der gegenwärtigen LED-basierten Beleuchtung. Durch diese Entwicklung wurden effiziente LEDs zu einer echten Alternative zu konventionellen Leuchtmitteln, wie beispielsweise Glühlampen. Bis heute existieren allerdings Marktzugangshürden für LEDs, wie beispielsweise ein vergleichsweise hoher Anschaffungspreis. An diesen Markthürden arbeiten Forscher des IAF; einerseits technisch aber auch interdisziplinär. Dazu wurde das Projekt „SusLight“ ins Leben gerufen, in dem es darum geht, die LED-Technologie in neuen Anwendungsfeldern zu platzieren und zu untersuchen, welche Stellung die Kundenakzeptanz sowie ordnungspolitische Strategien in der Verbreitung der Technologie spielen.
Interdisziplinäres Forschen im Rahmen des Leistungszentrums Nachhaltigkeit
Im Rahmen des Leistungszentrums Nachhaltigkeit Freiburg (LZN) wurde dazu im Jahr 2014 eine Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer IAF und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg initiiert: Das Pilotprojekt „SusLight: Sustainable LED Lighting – Technologische Herausforderungen, Marktzugangshürden und politische Akzeptanz“.
Beteiligt waren neben dem Fraunhofer IAF auch verschiedene Fakultäten der Universität Freiburg: Seitens der Uni waren dies die Fritz-Hüttinger-Professur für Mikroelektronik des Instituts für Mikrosystemtechnik (IMTEK), die Abteilung für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie und die Abteilung Public and Non Profit Management. Die Expertise der Hahn-Schickard-Gesellschaft spielte ebenfalls eine tragende Rolle im Projekt, vor allem aufgrund der Nähe zur Industrie.
Eine Vernetzung zwischen dem Fraunhofer IAF, der Uni Freiburg und der Industrie existierte zwar schon, aber „mit dem Leistungszentrum Nachhaltigkeit haben wir noch mal einen ziemlichen Push erfahren und konnten vor allem unsere interdisziplinäre Vernetzung ausbauen“, so Dr. Michael Kunzer vom Fraunhofer IAF. Kunzer und sein Kollege Andreas Zibold lachen bei der Frage, ob die Vernetzung irgendwelche Probleme verursacht habe: „Wir mussten bei den Projekttreffen erstmal die gleiche ‚Sprache‘ sprechen.“ Die Partner sind thematisch in zwei Gruppen aufgeteilt: eine technische Seite behandelte die Mikroelektronik und Software für das Projekt, eine eher sozialwissenschaftliche Seite beschäftigte sich mit Aspekten der Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften. Forscher des Fraunhofer IAF und des IMTEK untersuchten dabei die Effizienz von Modulen und Treibern auf der Basis von Galliumnitrid (GaN).
Flackerfreie und ressourcensparende LED-Technologie
Insbesondere die Kühlung von LED-Systemen ist von großer Bedeutung, da die Effizienz der LEDs mit zunehmender Temperatur abnimmt. Die LEDs wurden deshalb auf thermisch leitfähige Platinen aufgebracht, wie z.B. Keramiken wie Aluminiumnitrid oder Aluminiumoxid, und auf Effizienzänderungen untersucht. In einem separaten Projekt arbeiteten IAF-Forscher zeitgleich an hochfrequenten Schaltungswandlern zur Umwandlung von Netzspannung in Gleichstrom, der LEDs flackerfrei leuchten lassen kann. Denn das Flackern kann die menschliche Gesundheit negativ beeinflussen und unter Umständen sogar Migräne oder epileptische Anfälle auslösen. Dabei muss im Schaltwandler eine gewisse Energie zwischengespeichert werden, was in Spulen und Kondensatoren geschieht. Wenn also die Umwandlung schneller funktioniert, wird weniger Zwischenspeicher gebraucht. Das ganze Design wird damit ressourcenschonender und kleiner, was wiederum die Integration in ein komplettes System erleichtert. Im SusLight-Projekt wurden GaN-Leistungshalbleiter eingesetzt, die eine hohe Schaltfrequenz bei niedrigen Schaltverlusten ermöglichen. Dadurch wird das Gesamtsystem effizienter.
Smarte Beleuchtung für effizientes Arbeiten
Die Forscher des Fraunhofer IAF und von Hahn-Schickard haben im SusLight-Projekt auch an der Sensorintegration für Smart-Lighting-Technologien gearbeitet. Wie Kunzer erklärt, haben Menschen neben den bekannten Stäbchen und Zapfen auch einen „Blaulicht-Sensor“ im Auge, um festzustellen, ob es Tag oder Nacht ist. Dieser Sensor reguliert über den Hormonhaushalt unsere Schlaf- und Wachphasen. Je höher der Anteil an blauem Licht, desto eher werden Hormone im menschlichen Körper ausgeschüttet, die wach machen. Gleichermaßen beeinflussen diese Hormone unsere Reaktionsfähigkeit. Ein zu geringer Blauanteil im Licht (d.h. eine hohe Farbtemperatur) ist damit nicht optimal für konzentrierte, aufmerksame Arbeit.
Das im Projekt SusLight entwickelte LED-System kann den natürlichen, kontinuierlichen Farbverlauf der Sonne mit vier Farbkanälen zwischen 2.000 und 2.700 Flux imitieren. Dank eingebautem Farbsensor kann die Beleuchtung somit optimal für alle Tätigkeiten vom Arbeiten bis zum Schlafen kontrolliert werden. Dieser »Human-Centric-Lighting Ansatz« kann genau festlegen, welche Beleuchtung im Zimmer gebraucht wird und die passende Flux ausgeben. Das System könnte sogar so weit präzisiert werden, dass es beispielsweise analysiert, welcher Prozentanteil eines Arbeitstisches im Moment genutzt wird und nur diesen Teil beleuchten. Damit würde das System Energie sparen und wäre insgesamt nachhaltiger.
Die Marktakzeptanz der smarten LED-Beleuchtung
Neben der technischen Optimierung lag ein weiterer Schwerpunkt des Projekts auf der Frage, wie die Akzeptanz von LEDs bei Verbrauchern erhöht werden könnte. Eine Forschergruppe der Verhaltenswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität konzentrierte sich daher auf die Untersuchung von Produktattributen und wie diese von Konsumenten bewertet oder gewichtet werden. Die Gruppe wollte prüfen, welchen Stellenwert Eigenschaften wie die Dimmbarkeit oder der beschriebene Human-Centric-(Smart)-Lighting Ansatz für den Konsumenten haben. Die Ergebnisse zeigten, dass Verbraucher bestimmte Eigenschaften besonders wertschätzen: Dazu gehören beispielsweise eine warmweiße Farbtemperatur, hohe Energieeffizienz und möglichst geringe Schadstoffe bzw. Emissionen. Weniger relevant waren dagegen Eigenschaften wie Smart Home-Vernetzungsmöglichkeiten, Dimmbarkeit und das Herstellungsland der LED.
Die Wirtschaftswissenschaftler des Lehrstuhls Public und Non-Profit Management der Universität Freiburg wiederum haben untersucht, welche Möglichkeiten der Beeinflussung genutzt werden können, um die Verbreitung von LEDs zu erhöhen. Sie haben versucht festzustellen, wie man Konsumenten dazu bringen kann, LEDs zu kaufen, anstelle herkömmlicher Glühbirnen. Das Team hat dabei auch psychologische Kaufaspekte berücksichtigt, wie beispielsweise die Variante, mit Schuld- oder Stolz-Gefühlen als Kaufanreizen zu arbeiten. Hohe Kosten sind ein weiterer Aspekt und spielen nachweislich eine große Rolle bei Konsumenten. „Ja, man muss erstmal 20 Euro statt zwei Euro ausgeben, aber langfristig lohnt sich diese Investition auf jeden Fall. Außerdem kann man schon sehen, dass der Preis für LEDs sich seit 2014 jedes Jahr um ungefähr 30% reduziert hat“ sagt Kunzer.
Die Europäische Kommission hat mit der „Verordnung zu Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Haushaltslampen“ das schrittweise Verbot von herkömmlichen Glühbirnen in der EU gefordert. Begründet wird dieses Verbot mit der geringen Effizienz der Glühbirne, da nur circa fünf Prozent der verbrauchten Energie genutzt wird, um Licht zu erzeugen, der Rest geht als Wärme verloren.
Strikte Verbote haben jedoch selten den Effekt, ein Umdenken bei Konsumenten zu bewirken. Um den Umstieg auf die zwar teureren aber langfristig effizienteren LEDs attraktiver zu gestalten, könnten Anreize gesetzt werden, wie beispielsweise über ein passendes Steuermodell oder Energielabels auf den LEDs. Solche weich-paternalistischen Ansätze wurden im SusLight-Projekt von den Forschern des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik und Ordnungstheorie der Universität Freiburg verfolgt, um hier der Politik die richtige Strategie als Handlungsempfehlung geben zu können.
Die Arbeit der Projektpartner wurde in einem Demonstrator zusammengefasst. Das Team hat quasi ein exemplarisches Smart Home entwickelt: Vier verschiedene Räume enthalten in Farbtemperatur und Helligkeit durchstimmbare LED-Module und -Sensoren. Die entwickelte Hardware besteht aus integrierten Farb-, Helligkeits- und Bewegungssensoren. Auch wurde eine hocheffiziente LED-Systemleuchte als Abschlussdemonstrator aufgebaut (siehe Abbildung 02), die in der Farbtemperatur zwischen Warm- und Kaltweiß d.h. weißes Licht mit wenig bzw. viel Blauanteil, umgeschaltet werden kann. In den drei Jahren konnten eine ganze Reihe von Master- und Doktorarbeiten bei beteiligten Partnern abgeschlossen werden.
Die LED: effizient und extrem nachhaltig
Aus der Zusammenarbeit haben sich außerdem Ideen für ein Folgeprojekt und mehrere neue Fragestellungen entwickelt. Das IAF hat kommerzielle LEDs selbst hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit untersucht. Dabei ist oft eine große Diskrepanz zwischen den angegebenen Leistungsstunden und der tatsächlichen Lebensdauer feststellbar. Es besteht eine Vielzahl an Faktoren, welche die LED-Leistung reduzieren können, dazu gehören Wärmestau, Feuchte, Korrosions- und Spurengasbelastung durch Schwefelwasserstoff. Der Effekt, dass die Lichtausbeute von LEDs mit der Zeit abnimmt, entsteht beispielsweise durch das Eindringen von Feuchtigkeit und Gasen in das System durch undichtes Polymermaterial wie Silikon oder Keramik. Am Fraunhofer IAF werden genau solche Degradationseffekte untersucht und mögliche Lösungen erarbeitet.
Zur Frage der Nachhaltigkeit von LED-Leuchtmitteln, gehört auch das Thema Recycling. Gewisse Teile des Systems, wie der Aluminiumkühlkörper, sind leicht wiederverwertbar. Inwiefern Reparaturen eine Rolle spielen können, welche die Lebensdauer der Systeme weiter erhöhen, erklärt Zibold und stellt dazu drei Hauptaspekte heraus: „Erstens geht es darum, die Lebensdauer der LED-Module selbst zu verlängern. Zweitens muss deren Zuverlässigkeit erhöht und drittens, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen sichergestellt werden.“ Am Beispiel der Straßenbeleuchtung werden die Herausforderungen dieser Zielstellung deutlich. Kann ein nicht spezialisierter Handwerker eine defekte Lampe auswechseln oder müssen spezialisierte „LED-Techniker“ angefragt werden? Woher kommen die Ersatzteile? Inwiefern spielt der Produktzyklus eine Rolle? Solche Fragestellungen sind komplex und ihre Beantwortung benötigt viel Zeit und Aufwand.
Mit dem Abschluss des Projekts im September können Dr. Kunzer, Zibold und ihre Kollegen stolz auf ihre Ergebnisse sein. Die Zusammenarbeit war erfolgreich und wie es von den Kollegen geschildert wird, rundum angenehm. Dr. Kunzer meint, die Flexibilität innerhalb des Projekts führte zu einer Atmosphäre, in der die Forscher einer breiten Spanne an Ideen nachgehen konnten, um so noch besser die gesteckten Ziele zu erreichen. Deshalb ist auch eine Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit zwischen dem Fraunhofer IAF, der Uni Freiburg und weiteren Partnern geplant. Die Kollegen sind begeistert, die Forschung weiter zu entwickeln und in Folgeprojekten neue Ergebnisse zu veröffentlichen.