Tech Center i-protect

Trotz umfangreicher Verbesserungen auf dem Gebiet der Fahrzeugsicherheit liegt die Anzahl der Verkehrsopfer mit jährlich ca. 3.350 Toten und mehr als 67.000 Schwerverletzten allein in Deutschland weit von einem akzeptablen Wert entfernt. Die EU strebte eine Halbierung der Zahl der Unfalltoten bis 2020 an. Dieses Ziel war und ist nur durch den Einsatz integraler Sicherheitssysteme, also durch eine Kombination von vorausschauenden, aktiven Sicherheitssystemen mit passiven Sicherheitsfunktionen erreichbar. Hierbei gilt es, innovative Sicherheitstechnologien und neue, intelligente Werkstoffe zu entwickeln, die die Sicherheitsanforderungen zukünftiger Fahrzeuggenerationen (bspw. mit Bezug auf Elektromobilität, Wasserstoff, autonomes Fahren) sowie Veränderungen des Gesamtunfallgeschehens (bspw. durch demographischen Wandel, Connectivity/ Big Data) berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund haben Daimler, Bosch und das Leistungszentrum 2016 gemeinsam das Ankerprojekt „i-protect“ gestartet. In Zusammenarbeit mit weiteren Partnern konnten so schnell und zielgerichtet interdisziplinäre Themen gesamtheitlich bearbeitet und ein schneller Technologietransfer gewährleistet werden.
Im Rahmen der Transformation der Mobilität beeinflussen zudem zentrale Fokusthemen wie alternative Antriebe, Digitalisierung und Vernetzung, automatisiertes Fahren und Nachhaltigkeit auch die Sicherheitskonzepte zukünftiger Fahrzeugentwicklungen. Das Tech Center i-protect bildet dabei als strategisches Kooperationsprojekt die Brücke zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik und versteht sich als agiles Kompetenznetzwerk für die Sicherheit von Menschen und Fahrzeugen. Gemeinsam verfolgen die Partner das langfristige Ziel der »Vision Zero«.
In dem Kompetenznetzwerk schafft Mercedes-Benz seit 2016 zusammen mit der Robert Bosch GmbH, dem Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM), dem Exzellenzcluster SimTech der Universität Stuttgart, dem Leistungszentrum Nachhaltigkeit Freiburg (LZN) sowie der Technischen Universität Dresden und Technischen Universität Graz die Grundlagen und Methoden der Sicherheitssysteme für Fahrzeuge von morgen. Jetzt geht Tech Center i-protect in die nächste Phase: Jüngst haben die Projektpartner in Anwesenheit von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg, den Kooperationsvertrag für weitere fünf Jahre bestätigt.

Forschungsthemen

Das Tech Center i-protect behandelt aktuell die folgenden Forschungsschwerpunkte:

  • Unfallszenarien: Welche Unfallkollisionen könnten im zukünftigen Mischverkehr mit automatisiert fahrenden Autos entstehen?
  • Neue Rückhaltesysteme für neue Innenraumkonzepte: Wie lässt sich auch bei vielfältigen Sitzpositionen eine umfassende Insassensicherheit sicherstellen?
  • Virtuelle Crashberechnung mit rein digitalen Menschmodellen: Wenn virtuelle Dummys die Anatomie so detailreich wie nie zuvor abbilden – wie lässt sich damit die Fahrzeugsicherheit verbessern?
  • Crashtests mit tiefem Blick: Welche Erkenntnisse zum Verhalten der Fahrzeugstruktur während des Crashs kann dynamische Röntgentechnologie liefern?
  • Digitalisierte Prozesskette: Vom ersten Konzept über die Entwicklung und Produktion bis hin zum Recycling – wie lässt sich die durchgängige Prognosegüte digitaler Rechenmodelle weiter steigern?
  • Digitale Zwillinge von Materialien und Strukturen aus der Verwendung großer Datenmengen: Wie können »Big Data«-Methoden und künstliche Intelligenz der Materialwissenschaft zusätzliche Erkenntnisse geben?

Budget und Dauer

In der ersten Phase des Projektes von 2016 bis 2021 wurden von der Daimler AG Forschungsaufträge in Höhe von bis zu 5 Mio. € und von der Robert Bosch GmbH insgesamt 1 Mio. € für Forschungsaufträge an die Wissenspartner des Tech Centers i-protect vergeben. Dieses Engagement wird nun 2021 um 5 weitere Jahre und dieselben Fördersummen verlängert.

Partner

  • Technische Universität Dresden
  • Technische Universität Graz
  • Klinikum Stuttgart
  • Exzellenzcluster SimTech

Forschungsbeispiele

Im Rahmen von i-protect wurden bereits erste Kooperationsprojekte - wie zum Beispiel die Beobachtung von Strukturen im Innern eines Fahrzeuges während des Crashs - gestartet. Moderne, leichte Fahrzeuge werden aus immer komplexeren Materialien und Bauteilen gefertigt. Um den Aufbau dieser Strukturen zu verstehen, werden bei der Forschung, Entwicklung und Serienprüfung Röntgenaufnahmen und computertomographische Auswertungen verwendet. Bisher beschränkte sich das Röntgen im Wesentlichen auf statische Untersuchungen. Ein neuer Ansatz des Fraunhofer EMI ermöglicht das Röntgen hochdynamischer Verformungsprozesse unter Crashbedingungen.

Damit können die inneren Strukturen eines Fahrzeugs beim Crash untersucht werden. So können dann Materialien und insbesondere numerische Modelle optimiert werden. Als nächsten Schritt plant das Fraunhofer EMI, die Röntgenaufnahmen und Simulationsdaten mit Algorithmen aus der Computertomographie zu kombinieren. Mit diesen Daten wird es möglich sein, ein dreidimensionales Bild der hochdynamischen Verformungsvorgänge bei einem Crash zu sichern. So können Simulationen und damit auch die Fahrzeugsicherheit verbessert werden.