Nachhaltig durch Technologie – Erster Sustainability Summit begeistert

„Jede Menge Herausforderungen, aber kein Grund zum Verzagen.“ So lautete das Fazit der über 150 Teilnehmenden, die zur ersten großen Konferenz des Freiburger Leistungszentrums Nachhaltigkeit vom 19. bis zum 20. Oktober gekommen waren. Der Sustainability Summit bot ihnen zwei Tage vollgepackt mit kontroversen Vorträgen, einer spannenden Ausstellung und viel Raum zu vertiefenden Diskussionen.

Das Konzerthaus in Freiburg wurde während des Summits zum Zentrum der Nachhaltigkeitsdebatte in Deutschland. Anerkannte Experten wie der Co-Präsident des Club of Rome, Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker und die Vorsitzende des Rats für nachhaltige Entwicklung der Deutschen Bundesregierung, Marlehn Thieme, folgten der Einladung des Leistungszentrums Nachhaltigkeit in die Green City Freiburg. Die beiden eröffneten die Konferenz mit jeweils einem programmatischen Impuls. Insbesondere Von Weizsäcker stellte provokante Thesen auf, indem er die Frage stellte, ob sich die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen nicht vielfach gegenseitig widersprechen. Mit der Idee des "Faktors 5" - also einer Verfünffachung von Effektivität und Produktivität, durch die unsere Gesellschaft den gleichen Wohlstand mit einem Fünftel der Ressourcen schaffen kann, bot er den Teilnehmern aber einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma. Gleichzeitig motivierte er so die vielen Besucher des Summits, die aus den Natur- und Technikwissenschaften stammten, weiter mit Elan und Begeisterung an Lösungen für Herausforderungen wie etwa den Klimawandel zu arbeiten. Von Weizsäckers Vortrag wurde mit lang anhaltendem Applaus bedacht und bildete einen idealen Auftakt für die erste große Konferenz des Leistungszentrums Nachhaltigkeit.

Die Bedeutung des Sustainability Summits für das Leistungszentrum sowie auch für die Stadt Freiburg würdigten Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Albert-Ludwigs-Universität und Prof. Dr. Martin Haag, Bürgermeister der Stadt Freiburg, in ihren Grußworten zu Beginn. Beide waren sichtbar stolz, dass eine solche Vielzahl rennomierter Wissenschaftler aus insgesamt acht verschiedenen Nationen den Weg ins Konzerthaus gefunden hatte, um mit den Experten des Leistungszentrums gemeinsam über Nachhaltigkeit zu diskutieren. "Wir haben für den Sustainability Summit ganz bewusst einen thematisch sehr breiten Ansatz gewählt", erläuterte Prof. Dr. Stefan Hiermaier, Institutsleiter des Fraunhofer EMI und einer der beiden Koordinatoren des Leistungszentrums. Vom kleinen Bauteil über das Energiesystem und unsere kritische Infrastruktur bis hin zur Transformation der gesamten Gesellschaft - Nachhaltigkeit sei eine ganzheitliche Aufgabe. "Und beim Summit wollten wir Experten aus all diesen Bereichen zusammenbringen, damit aus ihren Diskussionen ganz neue Ideen erwachsen können", ergänzte Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Vizerektor der Universität Freiburg und der zweite Koordinator des Leistungszentrums.

Dazu bot die Konferenz inhaltlich vier Sessions: "Ecological & Societal Transformation, Sustainable Materials, Resilience Engineering und Energy Systems.In der ersten Session wurde die Frage diskutiert, inwieweit nachhaltige Entwicklung eine gesellschaftliche und ökologische Transformation erfordert und wie diese aussehen sollte. Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher zeigte sich in seinem Keynote-Vortrag überzeugt, dass viele Herausforderungen durch eine globale, ökosoziale Marktwirtschaft gelöst werden könnten. Radermacher, der unter anderem einer der Mitinitatoren der Global Marshall Plan Initiative ist, bezog sich dabei auf Erkenntnisse aus seinem Buch mit dem programmatischen Titel "Welt mit Zukunft". Darüber hinaus wurde "Transformation" in dieser Session auch aus ökonomischer, soziologischer und historischer Perspektive betrachtet - ein Ausweis der Interdisziplinarität der Konferenz.

Die zweite Session war dann thematisch deutlich fokussierter und näher an konkreten Umsetzungsbeispielen für nachhaltige Lösungen. Im Bereich der Materialforschung sprach Prof. Dr. Veronique Michaud von der EFPL Lausanne darüber, wie nachhaltig die Verwendung faserverstärker Kunststoffe im Gegensatz zu klassischen Stählen in Gebieten wie der Automobil- und Flugzeugindustrie sein kann, wenn man den gesamten Lebenszyklus der Materialien betrachtet. Besonders erfreut waren die Koordinatoren des Leistungszentrums darüber, dass sie dem Publikum anschließend mit Prof. Dr. Mike Ashby von der Universität Cambridge eine absolute Koryphäe der Werkstoffwissenschaften präsentieren konnten. Ashby knüpfte in seinem Vortrag nahtlos an die Erkenntnisse von Michaud an und zeigte in beeindruckender Weise, welche Designprioritäten die Verwendung von Materialien über die Jahrzehnte geprägt hatten und wie komplex es ist, Nachhaltigkeit durch Recycling zu erreichen.

Den krönenden Abschluss des ersten Konferenztages bildete anschließend das Konferenzdinner im Schlossbergrestaurant Dattler hoch über den Dächern Freiburgs. Neben dem ausgezeichneten Menü sorgte der launige Vortrag von Prof. Dr. Rainer Grießhammer, Mitglied der Geschäftsführung des Freiburger Öko-Instituts, für einen gelungenen Abend. Grießhammer erklärte dem Publikum unter anderem, was Jan Ullrich, Doping und die Tour de France mit Nachhaltigkeit zu tun haben.

 

Gegen Katastrophen gewappnet: Wie Ingenieurwissenschaften unsere Gesellschaft resilienter machen

Der zweite Konferenztag stand ganz im Zeichen des aktuell stark diskutierten Themas "Resilienz". Mit Resilienz ist dabei die Fähigkeit von Systemen gemeint, auch bei Naturkatastrophen, Terrorismus oder anderen gravierenden Störungen weiter zu funktionieren und aus solchen Erfahrungen zu lernen. Prof. Dr. Michael Bruno vom Stevens Institute of Technology in New Jersey stellte sich und den Zuhörenden die Frage, wie die Resilienz von Gesellschaften mithilfe ingenieurwissenschaftlicher Methoden und Technologien erhöht werden kann. Bruno präsentierte dazu die Ergebnisse einer Studie, die er im Auftrag der Lloyd's Register Foundation durchgeführt hatte. Diese Studie wurde beim Sustainability Summit erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt - das zeigt die Bedeutung, welche die Konferenz des Leistungszentrums Nachhaltigkeit bereits bei ihrer ersten Ausrichtung aufweisen konnte. Der Vortrag von Bruno wurde intensiv diskutiert und seine Ergebnisse von den folgenden Rednern, unter anderem Dr. Lauren Alexander Augustine von den National Academies der Vereinigten Staaten, aufgegriffen und weitergeführt.

In der letzten Session des ersten Sustainability Summits stand die Zukunft des Energiesystems im Mittelpunkt. Prof. Dr. Klaus-Dieter Maubach, ehemals Forschungs- und Technikvorstand von E.ON, erörterte Gefahren, aber auch Möglichkeiten, die durch die Transformation der Energieversorgung entstehen könnten. Er verwies auf die Umwälzungen, die vor allen Dingen den großen Energieversorgern noch bevorstehen und machte auf so genannte "disruptive Innovationen" aufmerksam, die einen Markt in kurzer Zeit völlig verändern können. Dass der Summit auch ein Forum für Unternehmen sein kann, zeigte der Vortrag von Dr. Richard Ruiterkamp, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Ampyx Power. Deren Idee ist es, Windenergie künftig statt mit massiven Windrädern durch eine Konstruktion zu gewinnen, bei der kleine Luftfahrzeuge mit Rotoren an sehr langen Leinen frei in der Luft schweben. So können zum einen die höheren Windgeschwindigkeiten in größerer Höhe genutzt und zum anderen eine mögliche Belastung des Landschafsbilds durch eine Vielzahl an Windrädern vermieden werden.

Ähnlich kreative Ideen wie die von Ampyx Power wurden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Leistungszentrums Nachhaltigkeit in der konferenzbegleitenden Ausstellung gezeigt. Dort präsentierten zwölf Pilotprojekte des Leistungszentrums ihre Fortschritte. Die Teilnehmenden des Summits konnten sich über neue, leichte und resiliente Werkstoffe, neue Methoden der Energiespeicherung, Wege für mehr Akzeptanz der LED-Technologie oder auch eine Verbesserung der Haltbarkeit von Solaranlagen in verschiedenen Klimazonen informieren.

Der Sustainability Summit 2015 wurde vom Leistungszentrum Nachhaltigkeit veranstaltet. Er ist im letzten Jahr aus dem bisherigen "Solar Summit" des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, ISE, hervorgegangen. Seit 2008 lud das Fraunhofer ISE die führenden Experten auf dem Gebiet der Photovoltaik einmal jährlich zu dieser Konferenz in den sonnigen Südwesten der Republik. Diese Tradition setzt das Leistungszentrum Nachhaltigkeit nun mit einer thematischen Erweiterung fort. Langfristig soll die Konferenz zu einem der wichtigsten Treffpunkte für Akteure aus den verschiedensten Gebieten werden, die sich mit der nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft beschäftigen. Der nächste Sustainability Summit wird daher vom 12. bis zum 13. Oktober 2016 stattfinden. Nähere Informationen dazu sind in Kürze unter www.sustainability-summit.de verfügbar.

Einige Impressionen des Summits 2015 gibt es hier zu sehen: http://www.sustainability-summit.de/gallery/sustainability_summit_2015/index.html